Varta Zentrale von oben

Wirtschaft

Der Kreis der versteckten Champions 

Kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch echte Global Player sind im Ostalbkreis ansässig und prägen Region und Weltmärkte. 

Varta Zentrale von oben

Einst war sie der Ruhrpott Württembergs, und noch heute prägt die Metallindustrie die Ostalb. Viele Firmen haben die Weltwirtschaft verändert.  Die Geschichte der Metallindustrie auf der Ostalb begann mit dem Bohnerz: Die Eisenerz-Kügelchen, die aufmerksame Wanderer heute noch bei Bopfingen-Unterriffingen oder Neresheim-Dossingen finden können, wurden schon 1365 gewonnen und zu Eisen verarbeitet. Aus diesem Jahr stammt die erste urkundliche Erwähnung. Nachdem 1671 im Braunenberg Eisenerz-Flöze entdeckt wurden, ging es richtig los: In Wasseralfingen wurden die Hüttenwerke gegründet, die später in den Schwäbischen Hüttenwerken (SHW) aufgingen.

Mit dem Bau der Remsbahn 1861 von Cannstatt nach Wasseralfingen nahm die Industrie einen weiteren Aufschwung: Die Ostalb wurde gleichsam zum Ruhrpott Württembergs. Der Name SHW ist heute noch in mehreren Firmennamen präsent: beim Automobilzulieferer SHW Automotive, dem Maschinenbauer SHW Werkzeugmaschinen – beide in Wasseralfingen – und dem Anlagenbauer SHW SHS in Hüttlingen.

24.000 Unternehmen gibt es mittlerweile im Landkreis – mit steigender Tendenz: 2.119 Neugründungen im Jahr 2021 zeigen, dass hier echter Gründergeist gelebt wird. Und auch der Zukunftsatlas 2022 des PROGNOS Instituts attestiert dem Ostalbkreis mit Platz 12 aller 400 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland eine besondere Stärke in der Kategorie „Wettbewerb & Innovationen“.

 

Das exportstarke Produktionsgewerbe nimmt dabei immer noch fast 50 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auf. Der reine Industriestandort hat sich über Produktion, Forschung und Entwicklung längst zum Technologie- und Hochtechnologiestandort gewandelt. Neben gewachsenen Kompetenzfeldern im Maschinen-, Anlagen- und Werkzeugbau stehen dafür auch Wirtschaftscluster in der Oberflächentechnik, der Photonik, in der Kultur- und Kreativwirtschaft oder im Bereich Forst, Holz und Papier. Global agierende Marktführer haben hier ebenso ihre Wurzeln wie erfolgreiche Mittelständler, innovative Handwerksbetriebe oder junge Firmengründende.

Autoindustrie: noch immer wichtigste Branche auf der Ostalb

Die Metallindustrie prägt die Ostalb nach wie vor: Mehr als 20 000 Mitglieder hat die IG Metall in Aalen und Schwäbisch Gmünd. Mit dem ebenfalls mitgliederstarken Arbeitgeberverband Südwestmetall ringt sie um die Tarifverträge. Metallbetriebe wie der größte europäische Lenkungshersteller Bosch AS mit seinem Leitwerk in Schwäbisch Gmünd gehören zu den größten Arbeitgebern im Kreis. Das Unternehmen, das 1934 in Gmünd unter der Flagge der ZF Friedrichshafen AG gegründet wurde, begleitet die Transformation der Automobilindustrie. Zu den metallverarbeitenden Betrieben gehören auch das Werk des Voestalpine-Konzerns (wo im Übrigen auch Unterkonstruktionen für die Solarindustrie hergestellt werden) sowie Schüle Druckguss in Gmünd, der Schmiedebetrieb GSA und der Lebensmittelmaschinenhersteller Seydelmann in Aalen, der Spezialist für Blechumformung und Blechdesign Stengel in Ellwangen oder der Achsenhersteller Kessler + Co in Abtsgmünd. Fein in Bargau stellt in der Nachfolge von Emil Fein, der 1895 mit der elektrischen Handbohrmaschine das erste Elektrowerkzeug der Welt erfand, moderne Werkzeuge mit und ohne Akku her.

Zu den ausgewiesenen Global Playern in ihrer Branche gehört die Maschinenfabrik Alfing Kessler, die am Stammsitz in Wasseralfingen Großkurbelwellen und Induktionshärteanlagen herstellt. Alleine 1600 Menschen arbeiten am Stammsitz Aalen für die Mapal Dr. Kress KG. Der international führende Anbieter von Präzisionswerkzeugen für die Metallbearbeitung wurde 1950 von Georg Kress gegründet.

Als Erfinder der Schneeketten darf sich RUD Ketten Rieger & Dietz mit Sitz in Aalen-Unterkochen rühmen. Der Weltmarktführer im Bereich der Herstellung von Ketten und Kettensystemen ist viel mehr als ein Hidden Champion.

Hochinnovative Anlagenbauer wie VAF in Bopfingen, Kiener in Lauchheim oder Mössner in Eschach begleiten die Automobilindustrie bei der Mobilitätswende ebenso wie der Waldstetter Abgastechniker PTS, Weisser Spulenkörper in Neresheim oder die Gmünder Hörnlein-Gruppe mit ihren 500 Beschäftigten. Am Doppelstandort Dinkelsbühl-Wört stellt der internationale Konzern TE Connectivity mit mehr als 2000 Beschäftigten Steckverbindungssysteme für die Autoindustrie her. Mit dem neu gegründeten Transformationsnetzwerk von IHK, WiRO, Bildungswerk und IG Metall, will die Region die Betriebe fit machen für den tiefgreifendsten Wandel in der Geschichte der Autoindustrie: Der Abschied vom Verbrenner, das autonome Fahren, alternative Antriebe sind nur drei Kernthemen, die die Branche grundlegend verändern werden.

Menschengruppe

Zeiss und das Photonik-Cluster

Weltweit führend ist die Ostalb nicht nur in zahlreichen Automotive-Segmenten, sondern auch bei modernen Holzbearbeitungswerkzeugen, wie sie Leitz aus Oberkochen herstellt. In der Stadt am Kocherursprung, in der mehr Menschen arbeiten als leben, ist mit Hensoldt Optronics ein weiterer global aufgestellter Konzern beheimatet: Er konstruiert und produziert optische und optronische Geräte für militärische, zivile und sicherheitstechnische Anwendungen.

Mit Abstand größtes Unternehmen (in Oberkochen und auf der Ostalb) aber ist Zeiss: Als nach dem Zweiten Weltkrieg US-amerikanische Besatzungstruppen 77 führende Mitarbeiter des 1846 gegründeten Optikkonzerns von Jena hierherbrachten, begann die Geschichte von Zeiss auf der Ostalb. Es folgten Höhen und Tiefen: So geriet Zeiss Mitte der 90er-Jahre in die Krise. 1997 war auch insgesamt das Jahr einer Rekordarbeitslosigkeit von 18 000 Personen in Ostwürttemberg. Zum Vergleich: Im Januar 2023 zählte die Agentur für Arbeit Aalen rund 9000 Arbeitslose. Und auch Zeiss boomt wie nie: Der Konzern, der die Welt mit Linsen, Objektiven und Halbleitertechnologie, Mikroskopen, Messgeräten und Medizintechnik versorgt, machte 2022 einen Umsatz von 8,8 Milliarden Euro und hat weltweit 37.000 Beschäftigte – davon 11 000 auf der Ostalb.

Der Konzern stellt mit seinen optischen Technologien die Weichen für die digitale Zukunft, denn Technik von Zeiss ermöglicht die kleinsten und effizientesten Mikrochips der Welt, die Digitalisierung möglich machen. Um den Nukleus Zeiss ist auf der Ostalb aus zahlreichen Mittelständlern und Start-ups ein echtes Photonic Valley mit rund 60 Firmen entstanden, ein Cluster, das es in dieser Form europaweit kein zweites Mal gibt.

 

 

Zeiss und ASML entwickeln schon seit geraumer Zeit Spiegel der nächsten EUV-Generation High-NA. Auch dank Innovationen wie dieser gehört Zeiss zu den Weltmarktführern in der Region.

Von Gold, Textil und Holz: reiche Industrietradition

Edel ging es in Gmünd im 18. Jahrhundert zu, als alleine 250 Gold- und Silberschmiedemeister in der Reichsstadt ansässig waren. Noch heute sind an der Rems Unternehmen und Start-ups im Bereich Edelmetalle und Design in Fülle zu finden. Darauf aufbauend hat sich Gmünd zu einem Kompetenzzentrum der Oberflächentechnologie entwickelt. Einer der zahlreichen Betriebe in diesem Bereich, die Umicore Galvanotechnik GmbH befasst sich mit Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Edelmetall- und Nichtedelmetall-Elektrolyten, Edelmetallverbindungen sowie von platinierten Titananoden und Halbzeugen. Ein anderer Gmünder Exportartikel gefällt den Kindern: Spielwarenhersteller Schleich verkauft seine Figuren und Spielsets in mehr als 60 Länder und setzt inzwischen jährlich fast 300 Millionen Euro um.

Lange Zeit war die Textilwirtschaft ein prägender Wirtschaftszweig auf der Schwäbischen Alb. In Heubach erinnern noch heute noch die internationalen Textilkonzerne Triumph und Susa an diese Tradition.

Ellwangen hat seinen alten Ruf als reine Beamten- und Verwaltungsstadt längst abgelegt. Hier wird an den großen Zukunftsthemen gearbeitet: Hier hat die EnBW ODR als größter Energieversorger und Netzbetreiber ihren Sitz – und treibt die Energiewende vor Ort und in der Region voran. Die Zukunft der Energie hängt aber auch an der Speichertechnik. Der weltweit wohl renommierteste Speicher-Experte ist die Varta mit Hauptsitz in Ellwangen: Varta-Batterien stecken in Millionen Kopfhörern, Hörgeräten, Haushaltsgeräten und vielem mehr. Seit Oktober 2017 ist die Varta AG an der Börse notiert.

Ellwangen mit dem größten zusammenhängenden Gewerbegebiet der Ostalb ist auch der Ort, an dem die Digitalisierung vorangetrieben wird. Innovative Softwareschmieden wie die FNT GmbH und Inneo Solutions haben hier ihren Sitz. Der E-Commerce-Experte Clickconcepts und der Bildungsspezialist Betzold sichern Ellwangens starke Position im Onlinehandel.

Allgemein spielt der Groß- und Einzelhandel im Ostalbkreis mit seinen einkaufsstarken Städten sowie den Verkehrsachsen A7, B 29 und B 19 eine große Rolle. Diese sind auch für Speditionen und Logistikunternehmen, die auf der Ostalb fast ausschließlich in Familienhand sind: So sind z. B. die Speditionen Lakner, Häberle (beide Gmünd), Hirsch (Ellwangen) sowie Brucker in Aalen, dem größten regionalen Betrieb mit inzwischen 800 Beschäftigten, von herausragender Bedeutung. Im Bereich Handel, Gastgewerbe und Verkehr sind rund 17 Prozent der Beschäftigten im Ostalbkreis tätig.

Einst waren weite Teile der Ostalb bäuerlich geprägt. Noch immer wird fast die Hälfte der Kreisfläche landwirtschaftlich genutzt: 3000 Menschen verdienen in der Landwirtschaft ihr Brot. Nachgelagerte Bereiche, etwa die Verarbeitung von Lebensmitteln, Mühlen und Brauereien sind ebenfalls wichtige Branchen, in die auch Weleda gehört: Der ganzheitlich orientierte Hersteller von Naturkosmetik und Heilmitteln mit Sitz in Arlesheim in der Schweiz betreibt in Schwäbisch Gmünd seinen größten Standort mit rund 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

38,4 Prozent des Ostalbkreises sind mit Wald bedeckt. Die Nutzung von Holz hat lange Tradition. Bereits 1938 legte Viktor Ladenburger sen. den Grundstein für die Holzwerke Ladenburger. Der ursprüngliche Zwei-Mann-Betrieb ist längst eine internationale Unternehmensgruppe mit mehreren Standorten und Stammsitz in Bopfingen. Unter den Industrieunternehmen, die sich dem nachwachsenden Rohstoff widmen, ist auch ein Weltmarktführer: Die JRS J. Rettenmaier & Söhne GmbH & Co. KG in Rosenberg hat sich der Forschung, Entwicklung und Verarbeitung hochwertiger, organischer Faserstoffe aus pflanzlichen Rohstoffen verschrieben. Bereits 1878 gegründet, ist das Unternehmen noch immer in Familienbesitz und beschäftigt an mehr als 90 Standorten rund 3500 Menschen.

Ein Zentrum der Papierherstellung ist seit langem Unterkochen: Die 1613 am Weißen Kocher gegründete Papierfabrik gehört heute zu Munksjö, einem weltweit führenden Anbieter von Dekorpapieren. Ihren 150. Geburtstag hat die Papierfabrik Palm in Unterkochen im vergangenen Jahr mit großem Aufwand gefeiert. Das familiengeführte Unternehmen ist ein europaweit führender Hersteller von Zeitungsdruck- und Wellpappenrohpapieren.

Banken und Versicherungen, Medien und Werbung, Immobilien, Kultur und Verwaltung sowie zahlreiche Anbieter im sozialen Bereich sind als Arbeitgeber und für die Versorgung der Menschen im Ostalbkreis unerlässlich. Die größte Bank der Region, die Kreissparkasse Ostalb ist, wenig überraschend, nur ein wenig jünger als der Ostalbkreis selbst. Denn im Dezember 1973 beschloss der neue Kreistag die Bildung einer gemeinsamen Sparkasse, die zum 1. Dezember mit der Fusion der Sparkassen zur Kreissparkasse Ostalb mit juristischem Doppelsitz in Aalen und Schwäbisch Gmünd vollzogen wurde.

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Masterplan 2030 – innovativ den Zukunftsherausforderungen begegnen

Mit dem „Masterplan 2030 – Modellregion für nachhaltige Transformation“, der aus der Offensive „Zukunft Ostwürttemberg“ entstanden ist, stellt sich die Region als Wirtschaftsstandort zukunftsfähig auf und bietet beste Rahmenbedingungen für Unternehmen. Zentrale Projekte sind die Wasserstoffregion Ostwürttemberg, das Transformationsnetzwerk Ostwürttemberg, die klimaneutrale Region Ostwürttemberg sowie die Zukunftsstrukturen Start-up & Innovation. Das Fundament aller Themen ist die Qualifizierungs- und Beschäftigungsoffensive der Region, die zuletzt das Programm „Unsere Jobs – Ihre Chance“ ins Leben gerufen hat, um (wieder) Ungelernte dauerhaft in qualifizierten Tätigkeiten zu beschäftigen.

Unterstützung bei der Gewinnung internationaler Fachkräfte vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen leistet als Teil der WiRO das Welcome Center Ostwürttemberg. Arbeitgebende erhalten Informationen zu Fragen der Personalgewinnung, gesetzlichen Rahmenbedingungen wie dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz und der erfolgreichen Integration internationaler Talente. Zudem ist die Kontaktstelle Frau und Beruf im Ostalbkreis eine Anlaufstelle für Unternehmen und weitere Arbeitgebende, die sich bewusst für weibliche Talente öffnen, für die Personalgewinnung schlummerndes Potenzial ansprechen und vielfältige Fach- und Arbeitskräfte dauerhaft binden möchten.

Mit dem Netzwerk „Job für zwei“ hat die IHK Ostwürttemberg ein Programm ins Leben gerufen, das sich um Partnerinnen und Partner potenzieller Fachkräfte bei der ergänzenden Arbeitssuche kümmert. Arbeitnehmende haben damit die Möglichkeit, zusammen mit Lebenspartnerin oder -partner ihren Lebensmittelpunkt komplett in den Ostalbkreis zu legen, ohne pendeln zu müssen.

Breitbandausbau im Ostalbkreis
Der Ostalbkreis optimiert seine leistungsfähige Breitbandinfrastruktur durch den zum Stand 2023 fast vollständig umgesetzten Ausbau von 670 km Backbone-Trassen. Die Trassen versorgen alle Städte und Gemeinden im Ostalbkreis über mindestens zwei Übergabepunkte pro Kommune mit einem breitbandigen Internetsignal
Die Kommunen erhalten Fördermittel von Bund und Land, sodass im Kreisdurchschnitt schon heute über die Hälfte der Haushalte und Gewerbebetriebe mit Bandbreiten von 1.000 Mbit/s versorgt werden können. Durch den weiteren Ausbau steigert sich der Anteil an gigabitfähigen Anschlüssen konsequent.

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